Deutschland. „DIE LINKE Lüneburg setzt sich für das Doppelresidenzmodell ("Wechselmodell") als gesetzlichem Regelfall in strittigen Sorgerechtsfragen ein und appelliert an die Bundespartei dies ebenso zu tun.
Und damit auch für die Umsetzung der Europarats Resolution 2079 vom 2.10.2015 zur paritätischen Doppelresidenz als Standardmodell einzu-treten. Eine Resolution die vom Europarat bei Zustimmung ALLER 46 Mitgliedstaaten (darunter Deutschland) und ohne Gegenstimme an die Mitgliedsstaaten appellierte, die gleichberechtigte und geteilte Erziehung gesetzliche Realität werden zu lassen.
Aus welchen Gründen diese so deutliche Positionierung des Europarates nach 4 Jahren von den Koalitionsparteien immer noch nicht in bundes-deutsches Recht übertragen wurde, lässt sich nur mutmaßen.
Dabei sieht der Europaratsvorschlag auch vor, dass vom Regelfall der paritätischen Doppelresidenz abgewichen werden kann, wenn es das konkrete Kindeswohl verlangt.
Mit diesem Vorstoß der Lüneburger Linken, positioniert sich erstmals eine linke Basisorganisation zu Gunsten des Rechtes von Trennungskindern auf BEIDE Eltern und fordert die Bundestagsfraktion auf sich ebenso zu positionieren und im Gegensatz zu CDU, SPD und Grünen deutlich für ein Familienrecht einzutreten, dass am Puls der Zeit und wahrhaft am Kindeswohl orientiert ist.
Denn: Kinder haben das Recht auf beide Eltern.
Was wie eine Selbstverständlichkeit klingt, entspricht leider nach wie vor nicht der gesetzlichen Realität. Ein trauriges Alleinstellungsmerkmal im Deutschland des 21. Jahrhunderts.
Während im europäischen Ausland die so genannte paritätische Doppelresidenz gang und Gäbe und gesetzlicher Regelfall ist, wird in Deutschland des sogenannte "Residenzmodell" der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bei getrennt lebenden Eltern praktiziert und im Streitfall vor Gericht in Sorgerechtsstreitfällen angeordnet.
Praktisch bedeutet dies, dass ein Elternteil erzieht, der andere Elternteil einen Teil des Unterhalts für das Kind und ggf. für den erziehenden Elternteil übernimmt und oft genug damit einen Elternteil als Bezugs- und Beziehungsperson verliert.
Trotz regelmäßiger Festlegung des gemeinsamen Sorgerechts wird damit bei getrennt lebenden Eltern nach wie vor ein massives Ungleichgewicht bei der Erziehung zementiert. Während die Ausgestaltung der Lebens-umstände des Kindes und der tägliche Umgang demjenigen Elternteil zufällt, das „Allein“erzieht, verbleibt dem anderen Elternteil ein Umgangs-recht. Dies wird regelmäßig auf Wochenenden, häufiger noch auf jedes zweite Wochenende gelegt. Eine gleiche Teilhabe an der Erziehung ist so nicht gewährleistet. Vielmehr bilden die "Umgangswochenenden“ nicht den vollständigen Lebensalltag von Kita und Schule ab, sondern den Aus-nahmefall. Gravierend dabei ist auch, dass Kinder so mit einem Rollenbild aufwachsen, in dem ein Elternteil erzieht und der andere Elternteil schein-bar die vorrangig die Aufgabe zufällt, das 'Einkommen“ zu bestreiten. Der Anteil alleinerziehender Väter beläuft sich zwischen 10 und 13 %, der Anteil alleinerziehender Mütter liegt entsprechend zwischen 87% und 90%. So wird auch eine patriarchale gesellschaftliche Realität zementiert, indem einer gleichmäßigen Verteilung der Erziehungsarbeit zwischen beiden Elternteilen von Gesetzeswegen her widersprochen wird.
Die Linke allerdings, tritt ein für die gleichberechtigte Teilhabe der Geschlechter sowohl am Erwerbsleben wie auch an der Erziehung und setzt sich daher sowohl dafür ein, gleiche Rechte und Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu generieren als auch gleiche Rechte, Chancen und auch Pflichten bei der Erziehung, auch im Trennungsfall der Eltern, festzulegen.
Diese Festlegung einer gleichen Teilhabe an der Erziehung hat auch Rückwirkung auf den Arbeitsmarkt. Wenn das altertümliche Rollenbild des (voll-)erwerbstätigen Vaters und der häufiger erziehenden Mutter aufgebrochen werden soll, muss es zum gesellschaftlichen Normalfall werden, dass Väter auch nach der Trennung mit erziehen. Die faktische Privilegierung von Männern in vielen Sektoren der Wirtschaft hängt auch mit der fatalen Erwartungshaltung zusammen, dass "...der Mann schon nicht aus Gründen der Erziehungstätigkeit ausfallen werde...". Und genau mit diesem Rollenverständnis will die Linke Lüneburg – zu Recht - brechen.
Jedes fünfte Kind lebt heute bei nur einem Elternteil.
Dem ausdrücklichen Wunsch vieler Eltern, an der Erziehung gleichberech-tigt teilzuhaben, wird die Praxis des Residenzmodells entgegengestellt.
DIE LINKE, die sich einsetzt für eine Politik, die Schluss macht mit der gesetzlichen Fixierung einer ungleichen Verteilung der Erziehungsarbeit und die Schluss macht mit einer gesetzlichen Realität, die Kindern ein Elternteil nimmt.
Oliver Wendenkampf:
Telefon: 0151 65232077
Mail: anwalt-des-kindes@gmx.de
Resolution des Europarates:
https://familiefamilienrecht.wordpress.com/2015/10/12/europarat-unterzeichnet-resolution-zur-doppelresidenz-als-standardmodell/