Land und Leute
Eine Linde für Edersleben
Gedanken zur Aufräum- und Baumpflanzaktion in Edersleben
Baumpflanzung in Edersleben
Verbandsgemeinde Goldene Aue. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln reist man samstags über Klostermansfeld nach Edersleben. Es gibt auch andere Möglichkeiten, aber wir sind nicht die einzigen, die diese gewählt haben. Zuerst geht es mit dem Bus von Eisleben nach Klostermansfeld, dann mit der Bahn weiter nach Oberröblingen. Den Rest muss man zu Fuß bewältigen.
Die Landschaft sieht aus wie Urlaub. Zumindest auf den ersten Blick. Über der Helmebrücke fliegen zwei Störche und ein Milan. Ich putze meine Brille. Die Störche sind noch da. Entlang der Gräben zwischen den Feldern stehen blühende Obstbäume. Irgendwann hören sie auf. Später erfahre ich, dass man daran die Grenze Oberröblingen-Edersleben erkennen kann. Auf Oberröblinger Seite blüht es am Wiesengraben, auf dem Gebiet der Gemeinde Edersleben sind die Bäume und Büsche verstümmelt, abgeknickt und herausgerissen. Und das im März, wo Fällverbot herrscht und noch dazu in einem FFH-Gebiet [einem nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU geschützten Gebiet].
An einem Graben treffe ich auf die erste Müllsammlerin. Dass man neben einer Straße Hinterlassenschaften von Fast Food-Restaurants finden kann, hatte ich mir schon gedacht, aber hier findet sich auch ein Fahrradhelm, ein Lautsprecher und eine Kühlschranktür. Ich halte den Sack auf und helfe ein bisschen mit, denn ich will nicht faul sein. Der Kleinkram kommt mit, die Kühlschranktür muss warten. Wir machen uns auf in Richtung Dorf.
Unterwegs treffen wir einen Mann, der schon zwei Säcke Müll gesammelt hat und stellen unsere Funde dazu. Er zeigt uns eine kleine verwucherte Grünfläche und erzählt, er habe der Gemeinde den Vorschlag unterbreitet, die Fläche (und auch andere Flächen) mit Ziegen und Schafen zu beweiden. Die Landschaftspflege wäre sogar kostenlos. Er kennt da wen. Die Gemeinde will keine Tiere auf ihren Flächen. Die gleiche Gemeinde, die einen Baum gefällt hat, weil er beim Mähen störte. In den FFH-Richtlinien für die Helmeniederung ist von negativen Einflüssen durch die fehlende Beweidung die Rede.
Ich frage mich, wo die Edersleber sind, und stelle wenig später fest, dass die meisten von ihnen im Freizeitpark (eine Grünlage mit Kegelbahn und Sportplatz) Laub harken. Es wird schnell klar, dass hier Welten aufeinander prallen. Aufräumen ist nicht gleich Aufräumen. Die Laubharker und die Müllsammler kommen aus verschiedenen Welten. Laubharken unter Laubbäumen hat eher einen ästhetischen als einen umweltschützerischen Zweck, sagen die einen. Aber es soll auch schön aussehen und bald ist Ostern, sagen die anderen.
Wieder hält mich jemand für die Presse und führt mich zu einem Tümpel, in dem mindestens drei geschützte Amphibienarten zu bestaunen sind.
Mittlerweile ist es 12 Uhr. Zeit für die Baumpflanzung. Die Ortsgruppe Edersleben des BUND pflanzt auf dem Sportplatz eine Linde, die die Baumfreunde Sangerhausen zur Verfügung gestellt haben. Ganz vorn stehen die Kinder, die als einzige so richtig zu spüren scheinen, was hier gerade stattfindet. Von den Einwohnern sind nicht viele dabei. Am Sportplatz gibt es Würstchen. Es könnte auch noch mehr Bäume geben. Die Baumfreunde Sangerhausen geben sie gern und kostenlos ab. Aber bitte nur auf Privatgrundstücke, wirft die Bürgermeisterin ein und hinter mir sagt jemand, die Pappel da kommt auch bald weg.
Auf dem Heimweg denke ich, wie erhalten wir Natur und Gesellschaft? Der Weg ist weit, aber immerhin ist die Linde gepflanzt und die Kinder wollen ihr einen Namen geben.
Antje Mindl-Mohr